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Beschwerde gegen Banken – Ombudsmann – 1. Teil: Was soll das?

Keine Angst vorm Ombudsmann: Kündigung des Kontos oder Verweigerung der Kontoeröffnung - Was man dagegen tun kann...

OmbudsmannSign[29. Juli 2013] Bislang gibt es in Deutschland noch keinen gesetzlich geregelten Anspruch auf ein Konto. Das hat dazu geführt, dass es Personengruppen gibt, die ohne ein Konto auskommen müssen. Hinzu treten immer wieder Fälle, wo – oft auch langjährigen – Kunden ohne hinreichenden Grund gekündigt wird (siehe unseren Bericht zur Dresdner Volksbank Raiffeisenbank). Die Kündigung eines Kontos oder die Weigerung der Bank, ein Konto einzurichten kann dazu führen, dass eine Person am modernen Rechtsverkehr nicht mehr adäquat teilhaben kann. Gleichwohl sind die rechtlichen Möglichkeiten, hiergegen vorzugehen, sehr beschränkt. Denn wo kein Anspruch, da auch keine Durchsetzbarkeit.[1]

Nun ist es nicht so, dass der Gesetzgeber dieses Problem nicht gesehen hätte. Aber er hat hierbei auf eine Selbstverpflichtung der Kreditwirtschaft gesetzt, statt eine rechtliche Regelung zu schaffen. Diese seit 1995 bestehende Selbstverpflichtung, deren Einhaltung durch die Banken selbst im Rahmen von  Schlichtungs- bzw. Ombudsmannverfahren kontrolliert wird, hat erkennbar das Problem nicht gelöst. Dennoch hat der Gesetzgeber die Situation bis heute nicht neu geregelt. Erst über eine EU-Richtlinie soll nunmehr auch in Deutschland ein Basiskonto rechtlich durchsetzbar werden. Es ist zumindest anzunehmen, dass in naher Zukunft ein durchsetzbarer Anspruch entstehen wird.[2]

Gleichwohl hat es einen Sinn, sich der Misere auch später zu erinnern, denn es ist ein bleibendes Beispiel dafür, dass das Nachgeben gegenüber starken Lobbygruppen in aller Regel nicht zu einer optimalen Regelung eines Problems führt. Außerdem ist natürlich darauf hinzuweisen, dass die Überwachung der Selbstverpflichtung (“Girokonto für jedermann”) lediglich einen Anwendungsfall für Schlichtungs- bzw. Ombudsmannverfahren (lies hier zum Begriff) darstellt, die wir nachfolgend erläutern wollen. Diese Verfahren sind wegen Abwesenheit rechtlicher Ansprüche die heute oft einzige Möglichkeit, sich gegen die Willkür von Banken zu wehren, wenn es um Kündigung oder Verweigerung eines Kontos geht. Statistisch gesehen machen diese Beschwerden gleichwohl nur einen geringen Teil aus, wie eine Übersicht der Beschwerdethemen für die genossenschaftlichen Banken beispielhaft zeigt:

 

…bei der Ombudsstelle der genossenschaftlichen Banken entfielen 2011 12% der Beschwerden auf
vermeintliche Verstöße gegen die Selbstverpflichtung (“Girokonto für jedermann”) [3].
Noch geringer war der Anteil bei der Ombudsstelle der Privaten Banken: Dort beklagten im selben
Zeitraum nur 3,3% der Beschwerdeführer Verstöße gegen die Selbstverpflichtung. [4]

 

Dies allerdings lässt nicht den Schluss zu, die Selbstregulierung durch Ombudsstellen und mithin die Selbstverpflichtung bieten einen ausreichenden Schutz für Betroffene.[5] Das muss man schon an dieser Stelle klarstellen. Nach einer Studie der EU-Kommission aus dem Juli 2010 soll es in Deutschland 670.000 Bürger ohne Girokonto geben.[6] Diese Zahl findet sich nicht ansatzweise in den Statistiken der Ombudsstellen wieder, was nicht unwesentlich darauf zurückzuführen sein dürfte, dass die Kenntnis über das Ombudsverfahren bei den Betroffen nur sehr gering ausgeprägt ist. Wir selbst haben bei den von uns geführten Beschwerdefällen  gegen die  Kündigungskampagne der Dresdner Volksbank keinen einzigen Fall vorgefunden, bei dem die Bank auf die Möglichkeit der Beschwerde bei der Ombudsstelle hingewiesen hätte. Bei Personen, denen die Einrichtung eines Kontos verwehrt wird, dürfte die Chance, dass diese durch die Bank darauf hingewiesen werden, noch wesentlich geringer sein. Es lässt sich vorwegnehmen: Das Bestehen eines Anspruchs auf Kontoführung ist vorzugswürdig. Solange es diesen Anspruch aber nicht gibt, sollten betroffene Personen konsequent die Möglichkeiten des Ombudsverfahrens nutzen. Darum geht es in diesem Artikel.

 

Die Empfehlung der Deutschen Kreditwirtschaft beinhaltet das grundsätzliche Gebot, einer Person ein Konto einzuräumen bzw. ein Konto für diese zu führen. Die Empfehlung benennt Gründe, die eine Verweigerung im Einzelfall rechtfertigen würde. Häufig wird das nur mit “Girokonto für jedermann” bezeichnet, was bereits eine Abkürzung ist, denn inhaltlich gemeint ist etwa dies: Empfehlung der Deutschen Kreditwirtschaft über die Bedingungen, unter denen sich eine Bank verpflichten sollte, ein Konto einzurichten bzw. zu führen. Eine Bank, die sich bereiterklärt, diesen Bedingungen gemäß zu agieren, verpflichtet sich selbst, weshalb man in diesem Zusammenhang von Selbstverpflichtung spricht. Im Folgenden werden wir auch vornehmlich von Selbstverpflichtung sprechen, da dies den Kern der Sache ausmacht. Ein Verstoß gegen die Selbstverpflichtung bedeutet demnach, dass die Bank ein Konto kündigt oder die Einrichtung verweigert, obwohl sie nach der Empfehlung der Kreditwirtschaft, der sie sich selbst verpflichtet hat, ein Konto hätte einrichten bzw. das Konto hätte nicht kündigen sollen.[7]

 

Beschwerdegegenstand: Konto für jedermann

Dass eine Bank ohne jeden Grund die Offerte zur Eröffnung eines Kontos ablehnen kann, mögen viele noch für normal halten. Da es keine Rechtsnorm gibt, die die Bank hierzu verpflichtet – wieso sollte sie dann “müssen”? Das entspricht zumindest nach jetzigem Stand auch tatsächlich den rechtlichen Gegebenheiten: Es gibt keinen Anspruch. Schon eher mag ja vorstellbar sein, dass die Bank nicht ohne weiteres einen Kunden kündigen kann, der bereits ein Konto bei ihr führt. Aber spätestens dort irrt man sich gewaltig: Sieht man sich die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der Banken an, wird man durchgehend den selben Text für die Regelung für die Kündigung von Konten finden (hier AGB VR-Bank):

 

AGB_AGB

Anders sieht es hier bei den Sparkassen aus.[8]  Für die Banken gilt, dass sie – unter Einhaltung einer Kündigungsfrist – ohne jeden Grund kündigen können. Gerichte haben bislang – soweit es um diese Regelung in den AGB geht – weitgehned im Sinne der Bank entschieden, aber das ist letztlich nur die Folgerung aus dem Satz, dass es in derzeit noch keinen Rechtsanspruch gibt.

 

Keine Verpflichtung außer der Selbstverpflichtung

Aber das ist nur der erste Teil der Geschichte. Denn es gibt ja die bereits angesprochene Selbstverpflichtung der Banken. Inhaltlich besagt sie etwa soviel: Da es (wie wir Banken finden: richtigerweise) keinen rechtlichen Anspruch auf ein Konto gibt, verpflichten wir – die Banken – uns, die Bedingungen der Kreditwirtschaft (“Girokonto für jedermann”) einzuhalten, und jedermann ein Konto zur Verfügung zu stellen (sofern er noch keines hat und es für uns nicht unzumutbar ist). Übersetzt heißt das: Zwar können wir nach Ziff. 19 unserer AGB jedem unserer – insbesondere natürlich unliebsamen – Kunden jederzeit kündigen, und natürlich können wir uns gegen jedermann weigern, ein Konto einzurichten. Aber wir verpflichten uns, dies nicht zu tun.

Eine Sonderpositon nehmen auch hier die Sparkassen ein, die sich 2012 entschieden haben, ein “Bürgerkonto” anzubieten und damit “über die freiwillige Selbstverpflichtung der Deutschen Kreditwirtschaft zum Girokonto für jedermann hinaus” zu gehen.[9] Technisch gesehen wurde hier eine eigene Selbstverpflichtung formuliert. Diese besondere Situation und der Umstand, dass im Bereich der Kontogewährung/ Kündigung bei Sparkassen tatsächlich selten Probleme auftreten, macht es sinnvoll, die Sparkassen aus der nachfolgenden Betrachtung auszuklammern, obwohl natürlich die Ablehnung/ Kündigung eines Kontos durch deren Ombudsmannverfahren ebenfalls beschwerdefähig ist. Primär ist dann auf deren eigene Selbstverpflichtung zum Bürgerkonto zurückzugreifen.

Die Selbstverpflichtung kann man grundsätzlich vor den Gerichten nicht einklagen. Die Überwachung wird vielmehr durch die Beschwerdestellen/ Schlichtungsstellen/ Ombudsmanntstellen der Kreditinstitute selbst gewährleistet. An deren Spitze steht jeweils ein Ombudsmann (oder mehrere) – häufig sind dies Richter im Ruhestand, die dem Ganzen den Anschein eines Rechtsverfahrens geben und den Eindruck von Kompetenz und unabhängiger Prüfung vermitteln sollen. Verbindlich sind Entscheidungen der Stellen in aller Regel dennoch nicht.[10]

 

V3O Also gut, beschweren wir uns darüber, dass uns ein Konto gekündigt wurde. Aber wie? Es ist gar nicht so kompliziert, wenn man weiß, wie das Verfahren funktioniert. Und das kann man sehr schnell in der für die betreffende Bank geltenden Verfahrensordnung nachlesen. Die Verfahrensordnungen sind allesamt sehr übersichtlich und knapp gehalten.

 

Vorbereitung

Bevor eine Beschwerde geschrieben werden kann, muss man zunächst herausfinden, welche Ombudsstelle[11] für die betreffende Bank zuständig ist, und man sollte sich die zugehörige Verfahrensordnung besorgen. Das ist nicht all zu schwer durch eine Suche im Internet herauszubekommen (suche z.B. “Ombudsmann Deutsche Bank Verfahrensordnung”). Auf dem selben Wege sollte man sich die AGB der betreffenden Bank besorgen.

Welche Schlichtungs-/Ombudsstelle zuständig ist hängt davon ab, welchem Verband das betreffende Kreditinstitut angehört. Es gibt also mehrere Beschwerdestellen, aber immer nur eine, die für die konkrete Bank zuständig ist. Die wichtigsten sind:

  1. Ombudsmann der privaten Banken
  2. Ombudsmann der öffentlichen Banken
  3. Ombudsmann der genossenschaftlichen Bankengruppe

 

Die Vorgehensweise sollte so aussehen:
1. Finden Sie heraus, welche Beschwerdestelle für Ihre Bank zuständig ist
2. Besorgen Sie sich die zugehörige Verfahrensordnung*
3. Lesen Sie die Verfahrensordnung
4. Überlegen Sie, ob Sie sich in der Lage sehen, die Beschwerde selbst zu schreiben. Wenn nicht, holen Sie bitte Rat ein (z.B. bei Verbraucherschutzverbänden, Schuldnerberatungsstellen, Rechtsanwaltskanzleien). Sofern es sich um eine Beschwerde wegen Verstoß gegen die Selbstverpflichtung handelt, ist die Darlegung häufig einfacher Natur. Für andere Beschwerden (z.B. Falschberatung) sollte man in jedem Falle zuvor rechtlichen Rat einholen.
5. Notieren Sie den Hergang und stellen Sie Unterlagen zusammen, die Sie zur Darlegung des Hergangs beifügen könnten. Stellen Sie in diesem schriftlichen Sachvortrag deutlich heraus, warum das Vorgehen/ Unterlassen der Bank gegen die Selbstverpflichtung (= gegen die
Empfehlung der Kreditwirtschaft) verstößt. – Zeigen Sie, dass bei richtiger Anwendung der Empfehlung/ Selbstverpflichtung die Bank Ihrem Begehren nachkommen müsste.

 

Der notwendige Inhalt einer Beschwerde wird in der Verfahrensordnung aufgeführt. In der Verfahrensordnung der deutschen genossenschaftlichen Bankengruppe findet sich dies zum Beispiel unter Ziff. 5 Abs. 1.

 5 Vorprüfungsverfahren
(1) Einreichen der Beschwerde
Beschwerden sind schriftlich unter kurzer Schilderung des Sachverhaltes und unter Beifügung der zum Verständnis des Vorganges notwendigen Unterlagen an die Kundenbeschwerdestelle beim BVR zu richten. Der Beschwerdeführer hat zu versichern, dass der Beschwerdegegenstand weder bei einem Gericht noch bei einer Schlichtungsstelle nach § 14 des Unterlassungsklagengesetzes oder einer anderen Gütestelle, die Streitbeilegung betreibt, anhängig ist oder in der Vergangenheit war, dass nicht bereits ein Antrag auf Prozesskostenhilfe zurückgewiesen worden ist, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine Aussicht auf Erfolg bietet, dass die Streitigkeit nicht bereits durch außergerichtlichen Vergleich beigelegt worden ist und dass – soweit der Beschwerdegegenstand nicht eine Streitigkeit aus der Anwendung des Überweisungsrechts oder den Missbrauch einer Zahlungskarte betrifft – von ihm keine Strafanzeige wegen des Beschwerdegegenstandes erstattet worden ist. […]
Hervorhebung durch uns

Entspricht die Beschwerde dem nicht, wird die Beschwerdestelle darauf aufmerksam machen; in der Regel übersenden die Stellen nach dem ersten Kontakt ohnehin standardmäßig entsprechende Unterlagen. Man kann das Verfahren aber nicht unerheblich verkürzen, wenn man die notwendigen Angaben sogleich einfügt.

Rechtliche Ausführungen sind in der Beschwerde nicht erforderlich. Erforderlich ist also in erster Linie eine nachvollziehbare Darstellung des Sachverhalts, eine Übermittlung von darlegenden Unterlagen (wenn man sich gegen eine Kündigung wehren will, z.B. das Kündigungsschreiben der Bank) und die Versicherungen, dass die Sache noch nicht anderswo anhängig ist. Für Letzteres sollte man den Text der Verfahrensordnung verwenden.

Die Form sollte so aussehen:

  1. “Tenor” – enthält Angaben der Beteiligten (Sie und die Bank), den Gegenstand (“Beschwerde wegen…”)
  2. Sachverhalt
  3. “Versicherungen”
  4. Anlagen (= Unterlagen, auf die im Text Bezug genommen wird wie z.B. Kopie der Kündigung)

Wie das in etwa aussehen kann, können Sie sich im TEIL 2 ansehen, wo wir den vollständigen Schriftverkehr einer Beschwerde veröffentlicht haben. Einige Beschwerde-/Ombudsstellen bieten auch ein vorgefertigtes Formular an (so z.B. die Privaten Banken – Formular)

 

Wichtig ist: Die Beschwerde erfordert keine rechtlichen Kenntnisse, man benötigt also auch keinen Vertreter und muss selbst nicht rechtskundig sein. Eine Vertretung oder doch zumindest Beratung ist natürlich gleichwohl empfehlenswert, wenn es um komplizierte Fragen und/oder Sachverhalte geht. Die in dieser Abhandlung thematisierte Beschwerde wegen Verstoß gegen die Selbstverpflichtung (Kündigung oder Verweigerung der Eröffnung eines Kontos, “Girokonto für jedermann”) gehört allerdings in der Regel zu den unkomplizierteren Fällen.

Die Darlegung des Sachverhaltes (mit eigenen Worten: Was ist passiert?) ist in der Beschwerde das wichtigste inhaltliche Element. Man sollte hier sehr genau den Hergang beschreiben, soweit möglich, können z.B. Zitate der Gespräche mit der Bank, Daten und Namen aufgeführt werden. Richtig haben Sie es dann gemacht, wenn der Sachverhalt zeigt, dass keiner der in der Empfehlung der Kreditwirtschaft/ Selbstverpflichtung benannten Gründe für eine Verweigerung eines Kontos vorliegt. Denn: Nur darauf kommt es an. Sie sollten sich aber immer an die Maxime halten, den Sachverhalt nur soweit wiederzugeben, als er den Verstoß der Bank gegen die Selbstverpflichtung unterstreicht. Es sollte keineswegs die erwartete Argumentation der Bank vorweggenommen werden, indem ein “belastender Sachverhalt” (= zugunsten der Bank) ausgeführt wird. Die Bank wird ggf. selbst in diese Richtung replizieren – oder aber auch nicht. Haben Sie bereits in der Beschwerde einen Sie belastenden Sachverhalt eingeräumt, wird die Bank es in jedem Falle aufgreifen.

Die Darlegung wird bei einer Beschwerde wegen einer Kontokündigung regelmäßig etwas einfacher sein. Die Bank wird in diesem Falle zeigen müssen, dass eine Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Kontovertragsverhältnisses vorliegt. Diese Unzumutbarkeit ist aber nicht beliebig, sondern muss einem Grund entsprechen, der in der Empfehlung/ Selbstverpflichtung aufgezählt ist. Mit etwas mehr Disput muss man rechnen, wenn es um die Beschwerde wegen der versagten Eröffnung eines Kontos geht. Hier wird die Bank prüfen, ob die Person nicht doch noch irgend ein Konto unterhält und ggf. vortragen, dass es dem Beschwerdeführer möglich sei, ein Konto bei der Sparkasse zu eröffnen. Letzteres Argument ist keines. Alle übrigen Vorträge müssen im Einzelfall auf ihre Relevanz geprüft und entsprechend beantwortet werden. Bitte beachten Sie: Wenn Ihr Konto gekündigt wird, sollten Sie auf keinen Fall “für alle Fälle” ein neues Konto bei einer Bank eröffnen. Denn dann wird die Bank schon aus diesem Grunde darauf verweisen können, dass die Selbstverpflichtung nicht greift, weil Sie ja schon ein (neues) Konto haben. Allgemein gilt, wenn die Bank nachweisen kann, dass Sie ein anderes Konto haben, werden Sie es mit Ihrer Beschwerde wegen eines Verstoßes gegen die Selbstverpflichtung (“Girokonto für jedermann”) sehr schwer haben.

 

Verfahrensablauf

Der Ablauf ist im Prinzip immer der selbe:

  1. Einlegung der Beschwerde bei der Beschwerdestelle
  2. Stelle prüft Zulässigkeit Beschwerde und die Zuständigkeit der Stelle; bei positiver Prüfung:
  3. Weiterleitung der Beschwerde an die Bank, deren Tun oder Unterlassen Grund der Beschwerde ist
  4. Stellungnahme der Bank zur Begründung der Ablehnung oder Abhilfe der Beschwerde
  5. Bei Nichtabhilfe: Weiterleitung der Stellungnahme an den Beschwerdeführer zur Stellungnahme
  6. Empfehlung des Ombudsmanns

 

Die Erfolgsaussichten

1. Statistisch hohe Quote an Erfolgsfällen in Sachen Selbstverpflichtung

Alle Ombuds-/ Kundenbeschwerdestellen veröffentlichen sogenannte Jahresberichte mit statistischen Auswertungen. Diese Statistiken lassen den Schluss zu, dass die Erfolgsquote für Beschwerden wegen einer Kündigung und/oder Nichteröffnung eines Kontos in den vergangenen Berichtszeiträumen sehr hoch war. Die meisten Beschwerden werden dabei allerdings nicht durch die Empfehlung des Ombudsmanns, sondern durch die Beschwerdegegner (= die Banken) selbst erledigt, indem diese die Kündigung rückgängig machten oder dem Begehr auf Kontoeröffnung stattgaben, womit auch das Beschwerdeverfahren beendet war. Die Zahl dieser Fälle und die Zahl der Fälle, in denen der Ombudsmann eine Empfehlung zugunsten des Beschwerdeführers aussprach bilden die Zahl der Gesamterfolgsfälle.

Von den Beschwerden, die durch den Beschwerdeführer nicht zurückgenommen und weiter verfolgt wurden lautet das Ergebnis bei der Ombudstelle der genossenschaftlichen Banken wie folgt:

Von 127 Beschwerden[12] erledigten sich 62 Beschwerden[13] durch Einlenken der betreffenden Bank. Nur die übrigen 65 Beschwerden[14] gelangten zur Schlichtung. Dort allerdings sah das Ergebnis eher düster aus: Nur 19 [15] dieser verbliebenen 65 Beschwerden wurden im Sinne der Beschwerdeführer “entschieden” – ein deutliches und kritisiertes Übergewicht zugusten der genossenschaftlichen Banken.

Dennoch: Zählt man die Fälle, in denen der Ombudsmann für den Beschwerdesteller entschieden hat mit den Fällen zusammen, in denen die Bank vor Schiedsspruch selbst eingelenkt hat (Gesamterfolg), kommt man auf die eingangs erwähnte positive Bilanz (hier von 81 : 42) zugunsten der Beschwerdeführer. Das bedeutet: Ca. 2 von 3 Beschwerden wegen Verstoß gegen die Selbstverpflichtung waren bei der Beschwerdestelle der genossenschaftlichen Banken erfolgreich.

Andere Ombudsstellen lieferten allerdings beim Gesamterfolg noch wesentlich bessere Ergebnisse. Die Vergleichsstelle der privaten Banken gibt beispielsweise für das gleiche Berichtsjahr eine Bilanz von 150:35 zugunsten der Beschwerdeführer[16] in Sachen Selbstverpflichtung der Banken (“Konto für jedermann”) aus; das bedeutet im Vergleich zu den genossenschaftlichen Banken eine ca. doppelt so hohe Erfolgsquote.

Die Erfolgsquote der Kundenbeschwerdestelle beim Deutschen Sparkassen- und Giroverband ist zwar noch besser. Allerdings aufgrund der stärkeren Verpflichtungslage in Sachen Kontokündigung und der oben bereits angesprochenen Besonderheiten (“Bürgerkonto”) auch nicht ganz vergleichbar. Aber es sollte wenigstens erwähnt sein: Im Zeitraum 2011 gab es in Selbstverpflichtungssachen (Kontokündigung/ Erinrichtung) lediglich 46 weiterverfolgte Beschwerden, von denen nur 3 zugunsten der Sparkassen entschieden wurden.[17]

 

Die Statistiken der verschiedenen Schlichtungsstellen weisen für den selben Berichtszeitraum zwei Gemeinsamkeiten auf. Die erste: Ca. 1/3 bis 1/2 der Beschwerden in Sachen Selbstverpflichtung (“Girokonto für jedermann”), die nicht zurückgenommen und weiterverfolgt worden sind, wurden durch Einlenken der Bank erledigt, ohne dass es einer Empfehlung des Ombudsmannes bedurfte. Die Zahl der Fälle, die zum Ombudsmann kamen, war vergleichsweise gering. Es lohnt sich also, das Verfahren nicht zwischendurch aufzugeben. Aber genau dies geschieht statistisch gesehen bei den meisten Fällen, und dies ist die zweite Gemeinsamkeit: Weitere 1/3 bis 1/2 aller Selbstverpflichtungs-Beschwerden “erledigten” sich dadurch, dass sie nicht weiter verfolgt oder vom Beschwerdeführer zurückgenommen wurden. Bei der Schlichtungsstelle der genossenschaftlichen Banken waren dies allein 107 (von insgesamt 234) Bschwerden.[18] Der geringste Anteil der Beschwerden wurde durch Empfehlung des Ombudsmannes beendet.

 

2. Unsere Erfahrung mit Beschwerden wegen Verstoss gegen die Selbstverpflichtung bei der Schlichtungsstelle der genossenschaftlichen Banken

Der Verlauf der von uns in Sachen Dresdner Volksbank vertretenen Fälle spiegelt die oben aufgeführte statistische Auswertung ziemlich getreu wieder; auch in unserem Fall lenkte die Bank mehrheitlich ein. In allen Fällen ging es um die Kündigung von Konten, die als P-Konten geführt wurden (wir berichteten).

In den Fällen, die wir gegen die Volksbank Dresden bei der Ombudsstelle vorgetragen haben, waren wir – bis auf einen Fall – erfolgreich. Der nicht erfolgreiche Fall scheiterte daran, dass die betroffenen Mandanten sich nicht zurückmeldeten (das ist ein Grund, warum man manchmal die Schuldnerberatung gern an den Nagel hängen möchte). In allen übrigen Fällen nahm die Bank die Kündigungen zurück. Ein Ombudsspruch hat es also in keinem der Falle gegeben.

 

Fazit

Die Beschwerdemöglichkeit bei den Ombudsstellen ist ein patentes Mittel, wenn es um eine Verweigerung der Kontoeröffnung oder um eine Kontokündigung geht. Jedenfalls, solange es noch das einzige Mittel ist. Wer keine Lust darauf hat, kann natürlich versuchen, bei der Sparkasse ein Konto zu bekommen, das sog. Bürgerkonto. Für alle die, die auch von der Sparkasse abgelehnt werden, sieht es allerdings wirklich sehr schlecht aus.

__________________________

[1] nachfolgend werden wir immer wieder davon sprechen, dass es (noch) keinen rechtlich durchsetzbaren Anspruch auf ein Konto gibt. Das ist grundsätzlich auch die Rechtslage, es gibt keine rechtliche Normierung eines solchen Anspruches. Ein rechtlicher Anspruch könnte sich derzeit nur aus allgemeinen vertragseinschränkenden Aspekten ergeben. Jeder Marktteilnehmer kann sich zwar seinen Geschäftspartner nach eigenen Kriterien selbst aussuchen. Dazu gehört auch, dass sich eine Person frei gegen einen Vertragspartner entscheiden kann (negative Vertragsfreiheit). Allerdings: Es gibt Unternehmen, deren Marktbeherrschung erfordert, dass sie in dieser Auswahl beschränkt sind. Man nennt dies “Kontrahierungszwang”. Besteht eine solche Marktbeherrschung auch bei Banken, kann sich durch diesen Kontrahierungszwang auch ein einklagbares Recht ergeben. Tatsächlich wurde unter diesem Aspekt ein Rechtsanspruch durch Gerichte bereits bejaht – vgl. LG Berlin, Urteil vom 8. Mai 2008, Az. 21 S 1/08, PDF Download, ein genereller Kontrahierungszwang ist daraus indes nicht ableitbar.

Wesentlich näherliegend erscheint der Gedanke, die Einklagbarkeit über die Selbstverpflichtung (dazu im Text sogleich) der Banken zu ermöglichen. Der Gedanke ist der, dass die freiwillige Verpflichtung der Banken, nur im begründeten Einzelfall die Führung oder Einrichtung eines Kontos zu versagen, wie ein Vertragsbestandteil angesehen werden könnte. In diesem Falle würde man auf Erfüllung dieses Vertrages (dieses Teils des Vertrages) klagen können. Tatsächlich hat das LG Bremen in seinem Urteil vom 16.06.05 PDF Download angenommen, dass die Selbstverpflichtung die Bank in dieser Weise binde; allerdings wurde dieses Urteil durch das OLG Bremen mit Urteil vom 22. Dezember 2005, U 67/05 = 2 O 408/05  PDF Download wieder aufgehoben

[2] Vorschlag für eine RICHTLINIE DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES über die Vergleichbarkeit von Zahlungskontogebühren, den Wechsel von Zahlungskonten und den Zugang zu Zahlungskonten mit grundlegenden Funktionen, Brüssel, den 08.05.2013, COM(2013) 266 final, 2013/0139 (COD): PDF Download

siehe auch EMPFEHLUNG DER KOMMISSION vom 18. Juli 2011 über den Zugang zu einem Konto mit grundlegenden Zahlungsfunktionen („Basiskonto“), 2011/442/EU; L 190/87ff.; PDF Download

[3] Statistik aus Tätigkeitsbericht der Kundenbeschwerdestelle beim Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken · BVR 2011, Juni 2012, S. 25. PDF download

[4] Ombudsmann der privaten Banken: Tätigkeitsbericht 2011, Berlin 2012, S. 49. Diese Publikationen wurde zwischenzeitlich vom Download der Seite Bankenverband.de gelöscht.

[5] das sieht die Kreditwirtschaft selbstverständlich anders, vgl. z.B. Stellungnahme der Deutschen Kreditwirtschaft zum Bericht der Bundesrepublik zur Umsetzung der Empfehlung der Deutschen Kreditwirtschaft (vormals ZKA) zum Girokonto für jedermann; PDF Donwload.

[6] zitiert nach Bericht der Bundesregierung zur Umsetzung der Empfehlungen des Zentralen Kreditausschusses zum Girokonto für jedermann, Drucksache 17/8312, 27.12.2011, sub 2.b., S. 8ff., 10, rechte Spalte , PDF download

[7] “Empfehlung der Kreditwirtschaft”, “Selbstverpflichtung” und “Girokonto für jedermann” meinen dasselbe. Z. B.: “Das Handeln der Bank verstößt gegen die Selbstverpflichtung” = “…verstößt gegen die Empfehlung der Deutschen Kreditwirtschaft”. Korrekt wohl: “…verstößt gegen die Selbstverpflichtung der Bank, sich an die Empfehlung der Deutschen Kreditwirtschaft v. 1995 zu halten”. Damit man nicht von einer Bindung in der Weise sprechen kann, die zu einer rechtlichen Einklagbarkeit führt, wird stellenweise der Begriff “Selbstverpflichtung” nur die Bedeutung einer Umschreibung gegeben, da die Empfehlungen der Deutschen Kreditwirtschaft lediglich eine “Bitte” an die Kreditunternehmen sei, so z.B. OLG Bremen mit Urteil vom 22. Dezember 2005, U 67/05 = 2 O 408/05 PDF download; es liegt unter dieser Sichtweise nur eine Orientierung vor, die keine beteiligte Bank in irgendeiner Weise verpflichten kann. Das wir hier dennoch von einer Selbstverpflichtung sprechen, liegt daran, dass die Umsetzung der “Bitte” durch die Ombudsstellen beschwerdefähig ist. Die “Selbstverpflichtung” reicht also, um sich zu beschweren, nicht aber, um zu klagen. Die Deformation zu einer derart geringfügig justitiablen Form ist ohne Frage eine Folge der Überantwortung  in die Selbstverwaltung  der Banken; deren prekäre Legitimation ist unübersehbar.

[8] in den AGB findet sich die Einschränkung: “Kündigt die Sparkasse, so wird sie den berechtigten Belangen des Kunden angemessen Rechnung tragen, insbesondere nicht zur Unzeit kündigen.”, AGB-Sparkassen, Nr. 26, PDF S. 7.

[9] Mit der „Erklärung der deutschen Sparkassen zum Bürgerkonto“ (veröffentlicht am 26.09.2012 – Pressemitteilung Nr. 97) – Pressemitteilung PDF Download – in Sachen Kontogewährleistungen haben die Sparkassen eine eigene Richtung eingeschlagen: In der Erklärung verpflichteten sich die 423 Sparkassen in Deutschland, “jeder Privatperson in ihrem Geschäftsgebiet ein Guthabenkonto – sprich: Bürgerkonto – einzurichten” – Erklärung Bürgerkonto PDF Download. Dieses “Bürgerkonto” soll jeder erhalten können und nur aus wichtigen Gründen abgelehnt werden dürfen. Die Erklärung bildet also die spezielle “Selbstverpflichtung” für Sparkassen, die auch unbestreitbar wirklich eine ist. Die “Selbstverpflichtung” der Banken von 1995 heißt zwar auch so, man kann sich aber – sobald es darauf an kommt – als Bank jederzeit auf den Standpunkt zurückziehen, dass dies eine ganz unverbindliche Empfehlung sei. 

[10] Die Verfahrensordnung der Schlichtungsstelle der Privaten Banken sieht gem. Ziff. 4 Abs. 5a zumindest für Entscheidungen, die dem Gegenstandswert von 5.000 Euro nicht übersteigen, eine Bindungswirkung vor. Die Verfahrensordnung der Schlichtungsstelle der deutschen genossenschaftlichen Bankengruppe entfaltet gem Ziff. 6 Abs. 5 indessen keinerlei Bindungswirkung; ebenso die Verfahrensordnung für die außergerichtliche Schlichtung von Kundenbeschwerden für die Institute der Sparkassen-Finanzgruppe, § 6 Abs. 5, allerdings enthält die “Erklärung der deutschen Sparkassen zum Bürgerkonto” (s.o. Fn. 9) unter Punkt 4, Satz 2 die Verpflichtung, den Ombudsempfehlungen bzgl. Bürgerkonten Folge zu leisten: “Im Falle von Streitigkeiten um das Bürgerkonto erkennt die Sparkasse den durch einen Ombudsmann/ eine Schlichtungsstelle der Sparkassen-Finanzgruppe ergangenen Schlichtungsspruch als verbindlich an”.

[11] Diesen Begriff findet man allerdings praktisch nicht. In der Regel ist in den Verfahrungsordnungen von “Beschwerdestelle” bzw. “Kundenbeschwerdestelle”, z.T. auch “Schlichtungsstelle” die Rede.

[12] Vgl. Tätigkeitsbericht der Kundenbeschwerdestelle beim Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken · BVR 2011, Juni 2012, S. 55ff., 56 – PDF Download: Beschwerden wegen Konto-Einrichtung (= 152) und Kündigung (= 82) -> Beschwerde für beide gesamt: 234. Abzüglich der Beschwerden, die vom Beschwerdeführer nicht weiter verfolgt wurden (= 73+34, gesamt: 107) -> relevante Beschwerden = 234-107 = 127.

[13] ebenda: Beschwerden wegen Konto-Einrichtung (= 39) und Kündigung (= 23) -> Beschwerde für beide gesamt: 62 Erledigungen gesamt ohne Schlichtung zugunsten des Beschwerdeführers

[14] ebenda: Beschwerden wegen Konto-Einrichtung (= 40) und Kündigung (= 25) -> Beschwerde für beide gesamt: 65 Vorlagen beim Ombudsmann.

[15] ebenda, S. 57: Zugunsten des Beschwerdeführers wegen Konto-Einrichtung (13+1) und wegen Kündigung (3+2) -> Gesamt Ombudsmann zugunsten Beschwerdeführer = 19. Zugunsten der Bank wegen Konto-Einrichtung (21+3) und wegen Kündigung (15+3) -> Gesamt Ombudsmann zugunsten der Banken = 42.

[16] Ombudsmann der privaten Banken: Tätigkeitsbericht 2011, Berlin 2012, S. 89 – PDF download: Kontoablehnung (für = 78, gegen = 20), Kontokündigung (für = 72, gegen = 15) -> gesamt für/ gegen Beschwerdeführer = 150/35.

81% erledigten sich durch Einlenken der Bank, lediglich 14% wurden durch Ombudsempfehlung beendet: siehe Ombudsmann der privaten Banken: Tätigkeitsbericht 2011, Berlin 2012, S. 87. Im Gegensatz zur statistischen Widergabe der genossenschaftlichen Banken fehlt eine Angabe darüber, wieviele dieser Beschwerden durch den Ombudsmann zugunsten des Beschwerdeführers empfohlen wurden.

[17] Tätigkeitsbericht 2011 der Kundenbeschwerdestelle beim Deutschen Sparkassen- und Giroverband (DSGV), Berlin 2012, S. 8. PDF Download

[18] Vgl. Tätigkeitsbericht der Kundenbeschwerdestelle beim Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken · BVR 2011, Juni 2012, S. 55ff., 56 – PDF Download, bei der Schlichtungsstelle der privaten Banken waren es 81 (von insgesamt 269) Beschwerden – vgl. Ombudsmann der privaten Banken: Tätigkeitsbericht 2011, Berlin 2012, S. 89 – PDF Download; bei den Sparkassen 30 (von insgesamt 76) Beschwerden, vgl. Tätigkeitsbericht 2011 der Kundenbeschwerdestelle beim Deutschen Sparkassen- und Giroverband (DSGV), Berlin 2012, S. 8 – PDF Download.

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