[9. April 2012] 1993 hatte er Schulden bei einem Telefonanbieter. Da es ihm nicht möglich war, die Summe von ca. 10.000 DM (4.949 Euro) zu begleichen, vereinbarte er eine Abzahlung von 50 DM monatlich. Und zahlte seit dem. Jeden Monat. Ein Blick auf die Geschichte dieser Forderung Ende 2011 machte ihn stutzig. Er hatte im Laufe von beinahe 20 Jahren zwar 4.933 Euro zurückgezahlt. Dafür belief sich die Restforderung auf nunmehr 7.209 Euro. Gewachsen durch Zinsen und Kosten. Denn jeden Monat ging nicht nur seine Zahlung ein, es kamen auch Zinsen neu hinzu, die höher waren, als die Einzahlungen. Was sich hier zeigt ist ein Effekt, der typisch ist für eine Überschuldung. In aller Regel tritt er nicht so bildhaft wie in diesem Beispiel hervor, denn oft haben Schuldner sehr viele Gläubiger und die Frage der exakten Höhe der Gesamtverschuldung geht dann leicht unter. Aber hier wie dort gilt: Wer überschuldet ist, kann mit bloßen Abzahlungen an die Gläubiger allenfalls ein wenig Ruhe erkaufen. Schuldenfrei wird er dadurch nicht.
Zahlungsvereinbarung versus Abzahlung
Bei einer Überschuldung gilt: Sinn macht ausschließlich eine Zahlungsvereinbarung, die ein Ende der Einzahlungen vorsieht und eine Festschreibung der Summen enthält. In den meisten Fällen ist zusätzlich ein teilweiser Forderungsverzicht der Gläubiger erforderlich, der sich in der sog. Quote eines Schuldenbereinigungsplans wiederfindet. Die beteiligten Gläubiger erhalten dann z.B. noch 40% ihrer ursprünglich zum Verfahren angemeldeten Summen im Laufe einer Zahlungsdauer von 6 Jahren. Heißt: Der/die Gläubiger müsste/n (in diesem Beispielfall) auf 60% verzichten und der Schuldner ist nach der Abzahlungszeit schuldenfrei. Das ist das Konzept des Gesetzgebers für eine Einigung, die von der Leistungsfähigkeit des Schuldners bestimmt wird. Bloße Abzahlungen hingegen sehen lediglich vor, wie viel der Schuldner monatlich zu zahlen hat. Ein Zins- oder Kostenstopp ist nicht enthalten oder zumindest selten.
Ohne Zahlungen stünde der Schuldner heute möglicherweise sogar besser da
Um es klar zu sagen: Im vorliegenden Fall ist alles Rechtens zugegangen. Der Gläubiger durfte Zinsen berechnen. Hätte der Schuldner allerdings gar nicht gezahlt, stünde er vermutlich heute sogar besser da. Denn die Zinsforderungen (nachlaufende Zinsen) verjähren nach 3 Jahren und viele Gläubiger vergrößern die Abstände der Verfolgung einer Forderung nach einer gewissen Zeit. Zahlt man allerdings treu und brav, wird die Verjährung dadurch immer wieder unterbrochen.
Der Anfang: 1993
Der Schuldner begann im Jahre 1993 mit den Abzahlungen in Höhe von 50 DM (25,56 Euro). Die Zahlungen wurden nach den Vorgaben des Bürgerlichen Gesetzbuches zunächst auf die Zinsen und Kosten verrechnet. Da monatlich um die 30 Euro Zinsen hinzukamen, wurde auch später die Hauptforderung nicht gemindert. Es entstand vielmehr eine monatlich steigende Zinssumme. Später traten auch noch die Kosten des Vergleichs i.H.v. 582,50 Euro (siehe Seite 10 der PDF) hinzu. Das Hauptproblem: ca. 25 Euro Einzahlung und über 30 Euro neue Zinsforderung. Monat für Monat. Jahr für Jahr.
Die Mitte 1995-2010
Der Gesamtverlauf der Forderung beträgt am Ende (2011) 13 Seiten. Wir haben nur die erste und letzte Seite beispielhaft hier veröffentlicht. Die gesamte Aufstellung kann hier eingesehen werden.
Ende: 2011…
war nicht das Ende. Denn – wie gesagt – Kosten und Zinsen haben in der Zeit seit 1993 dafür gesorgt, dass die Ansprüche weiter gewachsen sind. Das Resultat: Die Forderungen belaufen sich nun auf über 7000 Euro.
Zu guter Letzt…
Zwar haben wir eine Lösung zur Beendigung des Problems für den Schuldner durchsetzen können. Ärgerlich ist aber, dass dies schon hätte vor einigen Jahren geschehen können. Dann wäre das Problem jetzt schon vom Tisch. Daran sieht man, wie wichtig es ist, dass dem Schuldner rechtzeitig klar wird, ob eine Abzahlung überhaupt Sinn macht. Dem betreffenden Inkassounternehmen kann man im vorliegenden Fall schwer einen Vorwurf machen: Seine Zinsberechnung war nicht fehlerhaft und es hat über (beinahe) 20 Jahre nur das genommen, was der Schuldner aufgrund der Abzahlungsabmachung einzahlte. Es ist also wichtig, dass ein Schuldner den Überblick behält, dass er sich Rat einholt und kompetente Hilfe in Anspruch nimmt. Sonst wird es – wie so oft – ein unnütz teurer Spaß.
Wann Abzahlungen sinnvoll sind
In Umkehrung zu dem Gesagten gilt: Wer nicht überschuldet ist, kann und sollte eine Abzahlung mit dem Gläubiger vereinbaren. Es spricht nichts dagegen, wenn eine Schuld von 100 Euro mit 30-Euro-Raten abgezahlt wird, sofern nicht noch weitere Schulden da sind, die nicht bezahlt werden können. Denn auch, wenn Zinsen und Kosten hinzutreten, ist bei einem richtigen Verhältnis zwischen Schuld und Rückzahlungshöhe ein Ende absehbar.
Abzahlungen mit Gläubigern bzw. deren Vertretern (z.B Inkassobüros) machen nur Sinn, wenn sichergestellt ist, dass in einer überschaubaren Zeit die Forderung zurückgezahlt werden kann. Dann ist dagegen natürlich auch nichts einzuwenden, und eine Überschuldung liegt dann auch nicht vor. Derart unlimitierte Abzahlungsvereinbarungen enthalten in aller Regel allerdings keinen Zins- und Kostenstopp. Für den Gläubiger sind derartige Vereinbarung häufig sinnvoll, wenn er mit den Zwangsmitteln nicht an Geld des Schuldners herankommt. Für den Schuldner ist es im Falle einer Überschuldung hingegen nicht ratsam, sein Problem mit diesem Mittel lösen zu wollen: Er setzt dann nämlich monatlich Geld zur Entschuldung ein und entfernt sich trotzdem immer weiter von einer Entschuldung. Bei einer Überschuldung sollte man deshalb diesen Weg meiden. Hier ist es unabdinglich, dass ein Zahlungsplan nach den finanziellen Möglichkeiten des Schuldners unter Einbeziehung aller Gläubiger und mit einer festgelegten Zeitdauer zur Anwendung gelangt. Man kann in diesen Fällen immer wieder nur einen Rat geben: Eine erfahrene Schuldnerberatung in Anspruch zu nehmen.